Stellowski




In der Regel geht die Erwähnung des Verlegers Stellowski eben mit Prädikaten wie "bekannt skrupellos", "ausbeuterisch", "hinterhältig" oder ähnlichem daher. Dramaturgisch scheint es sich in Dostojewskis Vita gut einzufügen - der Hilflose wird vom Bösartigen in seiner Notlage ausgenutzt.

Es scheint jedoch naheliegend, dieses Bild zu relativieren und mit damaligen Gepflogenheiten im russischen Literaturgeschäft abzugleichen.
„Rusakov sieht in Stellovskij einen eher naiven Unternehmer, der sich, im Musikalienhandel zu Geld gekommen, auf dem Literaturmarkt nicht auskannte und deshalb zuletzt auf seiner `Ware`, für die ihn keine Bank mehr Kredit geben wollte, sitzen blieb und bankrott ging.
Ein differenziertes Bild Stellovskijs gibt neuerdings auch Nasedkin.“
Guski, Andreas; "Geld ist geprägte Freiheit". Paradoxien des Geldes bei Dostoevskij (I). In: Dostoevsky Studies, Vol. XVI (2012), S. 30


„Indes dürften Stellovskijs Bedingungen, auch wenn sie aus der Perspektive des modernen Autorenrechts erpresserisch wirken, Dostoevskij weniger räuberisch erschienen sein, als er und seine Gattin sie ex post und mit ihnen die Dostojewski-Biographik gemeinhin beurteilen.
Bei seinem ersten Literaturfond-Kredit hatte Dostoevskij für den Fall der Nichtzurückzahlung der von ihm geliehenen Summe dem Fonds die Rechte an seinem gesamten Werk vermacht. Auch Krajewskij versuchte er am 8. Juni zu einem Vorschuss von 3.000 Rubel* mit dem Angebot zu bewegen, ihm bei Nichteinhaltung seiner Verpflichtungen `das volle und immerwährende Recht auf die Editionen aller meiner Werke` sowie deren Verkauf oder Verpfändung zu überlassen.
Ein Jahr später wird er Katkov ein Gleiches offerieren, um die Tilgungsfrist seiner Schulden zu strecken.

Die Risiken des Vertrages mit Stellovskij, der mit seinem Vorschuss von 3.000 Rubel ebenfalls ein nicht unerhebliches Wagnis einging, ist sich Dostoevskij zweifellos bewusst, handelt es bei den Spielregeln des `Spekulanten` Stellovskij doch letztlich um seine eigenen.“
Guski, Andreas; "Geld ist geprägte Freiheit". Paradoxien des Geldes bei Dostoevskij (I). In: Dostoevsky Studies, Vol. XVI (2012), S. 30 - 31


* „Für Dostojewski scheinen 3000 Rubel schon fast zu einer magischen Zahl, zu einem Symbol für `Geld` geworden zu sein. Dieser Betrag erscheint immer wieder in seinen persönlichen Geschäften (später zum Beispiel als Jahresgehalt bei der Zeitschrift `Der Staatsbürger`) wie auch in seinen Werken (z. B. bei den verhängnisvollen Nöten von Dimitrij Karamasow).“
Braun, Maximilian; Dostojewskij – Das Gesamtwerk als Vielfalt und Einheit S. 108