Die Sanfte

Veröffentlichung
1876 erstmalig in der Zeitschrift "Tagebuch eines Schriftstellers"
In deutscher Übersetzung von M. Bönsted erstmals 1887
 
Handlung
Ein Mann provoziert den Selbstmord seiner Frau und  lässt an der Bahre ihre Beziehung nochmals Revue passieren.
 
Anmerkungen
Unter russischen Forschern besteht wohl mehrfach die Auffassung, dass diese Erzählung eine Analogie zur Legende der Heiligen Pelageja darstellen soll bzw. kann. Und eben jene Ikone könnte die Sanfte bei dem Sprung in den Tod auch in der Hand gehalten haben.
 
Die Legende der Heiligen Pelageja
Die Sage spielt im Jahr 290 n.Ch. Pelageja wurde von heidnischen Eltern geboren. Ihre Schönheit und ihre Bildung sollen außergewöhnlich gewesen sein. So wollte sie dann auch des Kaisers Sohn zur Frau. Sie lehnte rigoros ab. Durch Freunde wurde sie jedoch inzwischen längst zum christlichen Glauben geführt. So gab sie dann als ablehnende Begründung an, dass sie erstens mit ganzem Herzen nur dem wahren Gott zuspreche, zweitens ausschließlich für ihn ihre Jungfräulichkeit bewahren werde und drittens jedes Martyrium für ihn in Kauf nähme. Des Kaisers Sohn begreift, dass er keine Chance auf Pelageja als Frau hat und richtet sich selbst mit dem Schwert.
 
Daraufhin ist der Kaiser erzürnt und wendet sich gegen Pelageja. Sie wurde zum Tode durch Verbrennung in einem Ofen verurteilt. Den Henkern war es verboten, die Todgeweihte zu berühren. So bekreuzigte sich Pelageja und stieg betend eigenständig in den Ofen und realisierte somit auch ihren dritten Punkt, das Martyrium. Während ihr Körper verbrannte, soll die gesamte Stadt mit Myrrhe-Duft erfüllt gewesen sein. Ihre Knochen verbrannten nicht. Diese wurden vor die Tore der Stadt in die Wüste geworfen. Dort wiederum sollen die Knochen von 4 Löwen bewacht worden sein, um sie vor dem Zugriff durch andere Tiere zu schützen; und zwar so lange bis ein Bischoff Klinon diese Stelle aufsuchte, ihre Knochen einsammelte und sie ordnungsgemäß begraben ließ. Als nach 306 n.Ch. die Christenverfolgungen abebbten, ließ der Kaiser Konstantin an dieser Stelle eine Kirche errichten.
In Anlehnung an pravoslavie
 
  
Bereits 1869 zeichnen sich die Strukturen der Erzählung in seinen Notizheften ab. Dieser bestehende Entwurf lag sieben Jahre unausgearbeitet brach, bis sich Dostojewski durch folgende Meldung in einer Zeitung veranlasst sah, den Entwurf aufzuarbeiten.
vgl. Grossman, Leonid; Über die Sanfte in Sowjetliteratur 12 /1981
 
Petersburger Pressemitteilung in der Zeitung "Golos" vom 2. Oktober 1876:
"Gestern, am 30. September, um 12 Uhr stürzte sich die aus Moskau zugereiste Näherin Marja Borissowa aus einem Mansardenfenster des sechsstöckigen Hauses von Owsjannikow, Galernaja-Straße Nr. 20. Die Borissowa war aus Moskau gekommen, ohne hier Angehörige zu besitzen. Sie beschäftigte sich mit Gelegenheitsarbeit und klagte in der letzten Zeit oft darüber, ihre Arbeit werde schlecht bezahlt und das aus Moskau mitgebrachte Geld gehe zu Ende. Am Morgen des 30. September klagte sie über Kopfschmerzen. Dann setzte sie sich und trank Tee. Kaum war ihre Wirtin, die zum Markt wollte, die Treppe hinuntergegangen, da flogen Glasscherben auf den Hof, und danach stürzte die Borissowa  selbst herab. Die Bewohner des gegenüberliegenden Hinterhauses sahen, wie die Borissowa zwei Fensterscheiben einschlug, die Beine voraus, aufs Sims kletterte, sich bekreuzigte und sich mit einem Heiligenbild in den Händen hinabstürzte: Das Heiligenbild, ein Einsegnungsgeschenk ihrer Eltern, war das Antlitz der Mutter Gottes. Die Borissowa wurde bewusstlos ins Krankenhaus gebracht und starb dort nach wenigen Minuten."
Düwel  S. 75
 
„Sehr wahrscheinlich hat Dostojewskij dabei die eigenen Erlebnisse nach dem Tod seiner Frau verwertet. Der Brief den er damals (noch an der Bahre der Verstorbenen) an seinen Bruder schrieb, fängt fast mit den gleichen Worten an wie der Monolog des Ehemanns in der Erzählung.“
Braun, Maximilian; Dostojewskij-Das Gesamtwerk als Vielfalt und Einheit S. 226
 
Erst in den Tagebüchern eines Schriftstellers veröffentlicht, erscheint sie darauf leicht korrigiert (so fehlt das Vorwort `Vom Verfasser`) in zwei Folgen im "Russki Sbornik".
vgl. Grossman, Leonid; Über die Sanfte in Sowjetliteratur 12 /1981

  • Film
  • 1960 „Krotkaya”   UdSSR

    1964 „Die Sanfte“ TV Deutschland

    1969 „Une Femmme Douce“ Frankreich



    1969 “Krotká” TV Tschechoslowakei

    1971 „Een Zachtmoedige Vrouw“ TV Belgien

    krotkaja Dostojrewskij

    1991 “Utskinari” Georgien/ Italien

    1995 „Lagodna“ Polen

    1999 „The Shade” USA

    2001 „The Gentle One“ Russland

    2004 „Rakushka“ Griechenland 

  • Literatur
  • Timm, Johanna; Das Seinsverständnis der Helden in Dostoevskijs Bednye Ljudi und in der Krotkaja, Dissertation Uni Kiel 1981
    Die Werk-Zitate sind leider in Russisch. Erstaunlicher Weise tut es der Arbeit keinen essentiellen Abbruch. Liest sich flüssig. Keine außergewöhnlichen Betrachtungen. Kern ist die Aussage, dass bei den dreißig Jahre auseinanderliegenden Werken, der existenzialistische Grundgedanke des Werkes Dostojewskis tragend gewesen ist. Muss man nicht uneingeschränkt mittragen, aber dezidiert erörtert.  
     

    Krotkaja: Geschlechterkampf und „Schweigerede“.
    In: Dostoevsky Studies Nr. 4 (2000), S. 83-94
    Biber, Ursula
     
    Dostoevskijs Musen: die "Sanfte" und die "femme fatale"
    Deutsche Dostojewskij-Gesellschaft. Jahrbuch 2008
    Caspers, Olga
     
    Die religiöse Dimension der Erzählung „Die Sanfte“.
    In: Dostoevsky Studies Nr. 4 (2000) S. 153-166
    Freise, Mathias
     
    "Sie war der einzige Mensch, den ich für mich vorbereitete."
    Psychoanalytische Überlegungen zum Suizid in Dostojewskijs Erzählung "Die Sanfte"
    Deutsche Dostojewskij-Gesellschaft. Jahrbuch 2008
    Gerisch, Benigna
     
    25 Zeichnungen zu Dostojewskis "Die Sanfte"
    Verlag Nürnberger Presse    
    Nagel, Hanna
     

    Deutschsprachige Dostoevskij-Inszenierungen: "Die Sanfte" in Zürich und Basel
    Lizentiatsarbeit 1978
    Räber-Schneider, Katka
     
    Die sanfte Subversion von Geschlechterklischees. Macht, Geld und Gender in Dostoevskijs Novelle „Krotkaja“. In Ökonomien des Lebens. Zum Wirtschaften der Geschlechter in Geschichte und Gegenwart. 2004 S. 265-278
    Schult, Maike
     
    Mentor Mephisto: Goethe-Repliken in Dostoevskijs Erzählung „Krotkaja“.
    In: Zeitschrift für Slawistik 41 (1996), S. 127-140
    Schulz, Christiane
    Das nichtstattgefundene Duell und seine Folgen in der Erzählung von F.M. Dostoevskij Die Sanfte, Universität Hamburg  (Slavistik) 2006
    Orlova, Tatjana

  • Online-Lesen oder Download

1960 „Krotkaya”   UdSSR

1964 „Die Sanfte“ TV Deutschland

1969 „Une Femmme Douce“ Frankreich



1969 “Krotká” TV Tschechoslowakei

1971 „Een Zachtmoedige Vrouw“ TV Belgien

krotkaja Dostojrewskij

1991 “Utskinari” Georgien/ Italien

1995 „Lagodna“ Polen

1999 „The Shade” USA

2001 „The Gentle One“ Russland

2004 „Rakushka“ Griechenland 

Timm, Johanna; Das Seinsverständnis der Helden in Dostoevskijs Bednye Ljudi und in der Krotkaja, Dissertation Uni Kiel 1981
Die Werk-Zitate sind leider in Russisch. Erstaunlicher Weise tut es der Arbeit keinen essentiellen Abbruch. Liest sich flüssig. Keine außergewöhnlichen Betrachtungen. Kern ist die Aussage, dass bei den dreißig Jahre auseinanderliegenden Werken, der existenzialistische Grundgedanke des Werkes Dostojewskis tragend gewesen ist. Muss man nicht uneingeschränkt mittragen, aber dezidiert erörtert.  
 

Krotkaja: Geschlechterkampf und „Schweigerede“.
In: Dostoevsky Studies Nr. 4 (2000), S. 83-94
Biber, Ursula
 
Dostoevskijs Musen: die "Sanfte" und die "femme fatale"
Deutsche Dostojewskij-Gesellschaft. Jahrbuch 2008
Caspers, Olga
 
Die religiöse Dimension der Erzählung „Die Sanfte“.
In: Dostoevsky Studies Nr. 4 (2000) S. 153-166
Freise, Mathias
 
"Sie war der einzige Mensch, den ich für mich vorbereitete."
Psychoanalytische Überlegungen zum Suizid in Dostojewskijs Erzählung "Die Sanfte"
Deutsche Dostojewskij-Gesellschaft. Jahrbuch 2008
Gerisch, Benigna
 
25 Zeichnungen zu Dostojewskis "Die Sanfte"
Verlag Nürnberger Presse    
Nagel, Hanna
 

Deutschsprachige Dostoevskij-Inszenierungen: "Die Sanfte" in Zürich und Basel
Lizentiatsarbeit 1978
Räber-Schneider, Katka
 
Die sanfte Subversion von Geschlechterklischees. Macht, Geld und Gender in Dostoevskijs Novelle „Krotkaja“. In Ökonomien des Lebens. Zum Wirtschaften der Geschlechter in Geschichte und Gegenwart. 2004 S. 265-278
Schult, Maike
 
Mentor Mephisto: Goethe-Repliken in Dostoevskijs Erzählung „Krotkaja“.
In: Zeitschrift für Slawistik 41 (1996), S. 127-140
Schulz, Christiane
Das nichtstattgefundene Duell und seine Folgen in der Erzählung von F.M. Dostoevskij Die Sanfte, Universität Hamburg  (Slavistik) 2006
Orlova, Tatjana