und die Familie

„Dostojewskis Familie entstammt einem litauischen Geschlecht, das sich nach dem von einem Pinsker Fürsten 1506 geschenkten Kirchdorf `Dostojewo` nannte. Ein gewisser Fjodor Iwanowitsch Dostojewski zieht mit dem berühmten Fürsten Kurbski nach Wolhynien. Während der in Polen-Litauen verbliebene Teil der Familie zum Katholizismus übertrat und eifriger Parteigänger der polnischen Könige wurde, verarmten die orthodoxen Dostojewskijs in Wolhynien und verloren ihre Adelsrechte. Die meisten von ihnen traten zur mit Rom unierten Kirche über. Der Großvater des Dichters war Erzpriester unierter Konfession in podolischen Brazlaw. Seine geistigen Lieder erschienen in einem Gesangsbuch, das von der bedeutenden unierten Basilianer-Lawra von Potschajew herausgegeben wurde. Der Vater Fjodor Dostojewskis, ebenfalls zum Priesterberuf bestimmt, entfloh einem geistlichen Seminar und wurde 1812, während der Franzosen-Invasion, Arzt in einem Militärhospital. Trotz mehrfacher Versuche hat er niemals mehr mit seiner Familie Verbindung aufnehmen können.“
Onasch, Konrad; Die alternative Orthodoxie S. 82


Dostojewskis  Eltern

Michail Andrejewitsch Dostojewskij (1789 - 1839)
Dostojewskis Vater führte ein unerbittliches Regime innerhalb der Familie. Er war despotisch und zunehmend unberechenbarer. Die Kinder fürchteten ihn. Er stammte aus einer Familie eines Geistlichen, lernte in einem Priesterseminar und studierte dann an der Medizinisch-Chirurgischen Akademie in Moskau. Obwohl seine medizinische Karriere erfolgreich war, verbitterte ihn der hoffnungslose Betrieb im Armenspital. Man geht auch davon aus, dass er unter nervösen Störungen litt, was oft zu schlechter Laune, Niedergeschlagenheit und intensivem Alkoholkonsum führte.
Er war auch ausgesprochen eifersüchtig und herrschsüchtig. Seine Eifersucht führte so weit, dass er die Vaterschaft eines seiner Kinder gegenüber seiner Frau in Frage stellte und seiner Frau schwerste und absurde Vorwürfe machte.
Hrsg. Hitzer, Dostojewski - Gesammelte Briefe, Piper

Dank der Griesgrämigkeit des Vaters lernte die große Familie fast überhaupt kein gesellschaftliches Leben kennen. (. . .) Bibellesen war obligat, ebenso die Lektüre Karamsins patriotischer „Geschichte des Russischen Reiches“. Weiterhin wurden ihm als 6 bis 7-jährigen gotische Schauerromane von Ann Radcliff vorgelesen.
Lavrin, Janko; Dostojewskij, Rowohlt Verlag Hamburg, 1998 S. 8


Maria Fjodorowna, geb. Netschajewa (1800 - 1837)
Dostojewski war durch seine Mutter sehr religiös beeinflusst. Sie unterhielt ihn oft mit Geschichten des alten und neuen Testaments. Sie war überaus liebevoll, warmherzig und stets um das Wohl ihrer Kinder bemüht. Das führte nicht selten zu massiven Spannungen zwischen den Eltern. Dostojewskis Bruder Andrej schildert sie als eine Frau von außerordentlicher Güte, klugem Verstand und künstlerischer, besonders musikalischer Begabung. Für die Kinder war sie, wegen dem strengen Vater Trost und Zuflucht.
Hrsg. Hitzer, Dostojewski - Gesammelte Briefe, Piper



Dostojewskis Geschwister

Michail Andrej Michailowitsch Dostojewski (1820-1864)
Dostojewskis Lieblingsbruder, zu dem er ein herzliches Verhältnis hatte, vor allem durch die gleichen literarischen Interessen. Sie waren Herausgeber der Zeitschriften "Die Zeit" und "Die Epoche".Ob es sich tatsächlich um ein inniges und herzliches beiderseitiges Verhältnis gehandelt hat, dürfte mit leichten Zweifeln behaftet sein.


Warwara Michailowna Dostojewskaja (1822-1893)
Sie heiratete mit 17 Jahren den 44-jährigen Leiter einer Militärkanzlei Karepin, der nach dem Tod des Vaters der Vormund der Dostojewskis wurde. D. mochte Karepin nicht und hatte kaum Kontakt zu seiner Schwester. Sie wurde 1893 von Räubern erschlagen.
Ebenda


Andrej Michailowitsch Dostojewski (1825 - 1897)
Ingenieur; Dostojewski konstatiert in den Beziehungen zu seinem Bruder Andrej eine gewisse „Kühle“. Im Gegensatz zu Fjodor galt er als ausgeglichen. Er führte als einziger der Brüder ein geregeltes bürgerliches Leben. Im Leben von Fjodor spielte er kaum eine Rolle.
Dostojewskij; Gesammelte Briefe 1833 - 1881; F. Hitzer Hrsg.; Piper Verlag München, 1966 S. 633 ff

„Mein Bruder Andrej Michailowitsch“, schreibt Dostojewski am 17.09.1869 an Maikow, „steht in recht losen Beziehungen zu mir (wenn auch ohne die geringsten Differenzen).“
Anna Briefe S. 420



Wera Michailowna Dostojewskaja (1829 - ca. 1895)
Sie war Dostojewskis Lieblingsschwester und mit einem Arzt verheiratet. Mit ihrer Tochter korrespondierte er während seines Europa-Exils ausführlich.


Nikolai Michailowitsch Dostojewski (1831-1883)
Jüngster Bruder Dostojewskis, Ingenieur und Architekt; arbeitete erst in Reval dann Petersburg, hatte aber seit Anfang der sechziger Jahre keine Anstellung, da er unter der Trunksucht litt. Dostojewski begegnete ihm stets mit besonderer Liebe, half ihm ständig, da er fast sein ganzes Leben in Armut verbrachte.
Ebenda


Alexandra Michailowna Dostojewskaja (1835-1889)
Sie war die jüngste Schwester Dostojewskis und zweimal verheiratet. Die Beziehungen zwischen Dostojewski und ihr waren kühler als zu den anderen Familienmitgliedern. Zu ihrer Geburt hatte Dostojewski sein zu Hause bereits verlassen und nach dem Tod des Vaters wuchs sie außerhalb der Familie auf.
Dostojewskij; Gesammelte Briefe 1833 - 1881“ F. Hitzer Hrsg.; Piper Verlag München, 1966  S. 633 ff

 


Dostojewskis erste Ehefrau

Maria Dmitrijewna Issajewna (1828– 1864)
Maria Dmitrijewna war eine schmale, blasse Blondine, schwindsüchtig und heißblütig – aufbrausend, hysterisch und launisch.
Kjeetsa, Geir; Dostojewskij, Sträfling - Spieler - Dichterfürst, Verlags KG Wiesbaden, 1985 S. 153

Vormals war sie verheiratet mit einem starken Trinker. Dostojewski war Nachhilfelehrer deren beider Sohn. Nachdem dieser am Alkohol zugrunde gegangen war, hielt Dostojewski sofort um ihre Hand an. Bereits vor dem Tod waren sie sich näher gekommen. Es bestand weiterhin noch eine Liaison zu einem Liebhaber. Diesen wollte sie nicht aufgeben und tat es auch unverhohlen lange Zeit nach ihrer Heirat mit Dostojewski nicht; mit dem Wissen von Dostojewski darum. Auch willigte sie zur Heirat erst ein, als sicher war, dass Dostojewski befördert werde.
Sie starb im 1864 an Tuberkulose.


Dostojewskis Stiefsohn aus erster Ehe

Pawel Alexandrowitsch Issajew (1846 - 1900)
In der Regel Pascha genannt. Er galt in den Augen aller als ein missratener Sohn, als Tunichgut. Dostojewski hingegen bemühte sich um ihn zeitlebens, als wäre es sein leiblicher Sohn. Gedankt wurde es ihm nicht ein einziges Mal. Pascha war unbeständig, mied Arbeit und Verantwortung. Er setzte nach Dostojewskis Heirat einiges daran, die junge Gattin zur Verzweiflung zu bringen und den Familienfrieden zu zerstören.
Lavrin, Janko; Dostojewskij,  Rowohlt Verlag Hamburg 1998 S. 31 ff


Anna Grigorjewna Snitkina (1846-1918)
Sie war in einer kultivierten Beamtenfamilie groß geworden, hatte am deutschsprachigen St. Annen-Gymnasium (was ihr in Deutschland sehr nützlich sein sollte) sowie am ersten Mädchengymnasium in St. Petersburg gelernt, um dann Pädagogische Kurse zu besuchen. Aber sie musste, um ihren todkranken Vater zu pflegen, diese Ausbildung abbrechen.
Sie belegte dann kostenlose Stenographiekurse, hatte zu Übungszwecken eine dreimonatige Privatkorrespondenz in Stenographie mit ihrem Lehrer und konnte Dostojewski als erstklassige Kraft empfohlen werden.

Sie verstarb nach einer schweren Malaria in Jalta und wurde auf der Krim beerdigt. Ihr testamentarischer Wunsch, auf dem Alexander - Newski - Friedhof in Petersburg an der Seite ihres Mannes beigesetzt zu werden, konnte erst 1968, dank der Bemühungen ihres Enkels Andrej Fjodorowitsch verwirklicht werden. mehr


Dostojewskis Kinder aus zweiter Ehe

Sonja Fjodorowna Dostojewskaja (5. März 1868 – 24. Mai 1868)
Nachdem einer seiner größten Wünsche, nämlich Vater zu werden, im Exil in Erfüllung ging, verwandelte sich diese Erfüllung bald darauf zu einer seiner tiefsten Wunden. Sonja stirbt plötzlich und unvermittelt.

Ljubow Fjodorowna Dostojewskaja (1869 – 1926)
Ljubow Fjodorowna wurde Schriftstellerin, erreichte aber keine größere künstlerische Wirkung. 1913 fuhr sie wie gewöhnlich zur Kur ins Ausland und kehrte nicht mehr nach Russland zurück. Im Ausland arbeitete sie als Schriftstellerin und gab in deutscher Sprache unter dem Namen Aimeè 1920 in München das Buch „Dostojewski geschildert von seiner Tochter“ heraus, das zwar einiges interessantes Faktenmaterial, aber auch unzuverlässige Behauptungen enthält. Sie starb 1926 in Tirol.


Fjodor Fjodorowitsch Dostojewski (1871 - 1921)
Der Sohn Fjodor absolvierte das Studium in Petersburg und studierte danach Jura und Naturwissenschaften. Später wurde er ein bekannter Pferdezüchter und unterhielt in Petersburg einen Rennstall. Nach der Revolution veränderte sich sein Leben dramatisch. In seinen letzten Lebensjahren arbeitete er im Dostojewski-Museum. Nach Aussagen von Zeitgenossen, lebte er in elendigen Verhältnissen und starb 1921 an Unterleibstyphus. Höchstwahrscheinlich ist er auf dem Wagankowski-Friedhof beerdigt worden.
Hrsg. Hitzer, Dostojewski - Gesammelte Briefe, Piper

Dostojewskis Sohn verhungert: Ein Opfer des bolschewistischen Umsturzes
In: Hamburger Nachrichten, 1926-09-21


Aljoscha Fjodorowitsch Dostojewski  (1875 – 1878)
Er starb in Folge eines epileptischen Anfalls. Dieser Umstand quälte Dostojewski besonders. Seine Frau berichtet, dass er Ljescha beinahe krampfhaft geliebt habe, als hätte er eine Vorahnung gehabt, dass er ihn bald verlieren würde.
Ebenda