Katkow, Michail Nikiforowitsch (1820 - 1887)



Katkow: "Gegen den Nihilismus!"

Katkow war in den 30iger und 40iger Jahren noch mit Bakunin und Belinski befreundet.


1856 begründet Katkow als Verleger die Monatsschrift „Russischer Bote“.

„Der `Russische Bote` ist aufs engste mit der Tätigkeit Katkows verbunden. Bis zum Beginn der 60iger Jahre verfolgte die Zeitschrift einen gemäßigt liberalen Kurs, kritisierte Missstände der alten Ordnung und unterstützte die Reformbestrebungen in der Justiz, der Bauernfrage und der lokalen Selbstverwaltung. Es erschienen sogar die äußerst sozialkritischen `Gouvernementsskizzen` von Saltykow-Schtschedrin.
Katkow, der eine Reihe von Aufsätzen selbst veröffentlichte, ist hier noch dem englischen Konstitutionalismus zugetan, den er als Vorbild für eine russische Entwicklung betrachtet."
Hitzer (Hrsg.); Briefe, Piper, Angang S. 711

1856 schließt Dostojewski Katkow noch als Verleger aus, da in einem Aufsatz Katkows über Puschkin „Gedanken ausgesprochen werden, die den meinigen entgegengesetzt sind“.
Vgl. Hitzer (Hrsg.); Briefe, Piper, S. 112 (Brief an Wrangel)

  Katkow 1880

Mai 1858 Dostojewski an seinen Bruder:
Dostojewski nimmt Anfang 1858 Beziehungen zu Katkow auf und bietet ihm die Mitarbeit für dessen Zeitschrift „Russischer Bote“ an. Konkret handelt es sich um „Das Gut Stepantschikowo und seine Bewohner“. Katkow ist Dostojewski recht wohl gesonnen.
Ebenda S. 143

Ab 1861 war Katkow zudem Herausgeber der „Moskauer Nachrichten“.

Anfang der 60iger Jahre polemisierte Dostojewski sogar noch gegen Katkow. Nach 1865 kamen sich beide dann ideologisch näher.
Vgl. Hitzer (Hrsg.); Briefe, Piper

„In einem Artikel der `Wremja` aus dem Jahre 1862 schrieb Dostojewskij eine glänzende, ironisch-satirische Karikatur auf Katkow. Dessen Bemühungen, englische Bräuche, den englischen Parlamentarismus, Klubs, Meetings, technologischen Fortschritt in Russland zu popularisieren, wurden als Maskerade und Scharlatanerie hingestellt.“
Neuhäuser; Frühwerk S. 221

Spätestens mit dem polnischen Aufstand 1863 wechselte Katkows „Russischer Bote“ in das ausgesprochen konservative Lager. Sein Motto lautete: "Gegen den Nihilismus!"

„1862, als Herzens Aufsatz über den polnischen Aufstand erschien, in dem sich der russische Emigrant auf die Seite der Aufständischen stellte, änderte sich der Kurs der Zeitschrift auf radikalste Weise. Der `Russische Bote` wurde ein Synonym für die schlimmste Reaktion. Manchmal erschienen ihm selbst Maßnahmen der autokratischen Regierung zu gemäßigt.“
Hitzer (Hrsg.); Briefe, Piper, Angang S. 711

Katkow forderte entsprechend der panrussischen Strömung eine gewaltsame Russifizierung Polens und Litauens.

1864
„Während aber die `Zeit` noch eine regelmäßige Polemik gegen die radikaldemokratische Presse und zwischen der reaktionären Presse Katkows und den fortschrittlichen Gruppen vermitteln wollte, war die `Epocha` zunehmend härter in der Verurteilung der Radikaldemokraten geworden. De facto war sie schon ein Teil des konservativen Lagers geworden.“
Ebenda S. 704

 Katkow

1866
„Katkow, der Herausgeber des `Russischen Boten` war der mittlerweile von der russischen Intelligenz am meisten gehasste Mann.
(…)
Über die in der russischen Intelligenz herrschende Stimmung schrieb G. Jelisejew in seinen Erinnerungen: `Wer seinerzeit nicht in Petersburg lebte und den literarischen Kreisen nicht angehörte oder mit ihnen nicht wenigstens in dieser oder jener Weise verbunden war, kann sich nicht die Panik vorstellen, die hier herrschte. Jeder Literat, der nicht Katkows Richtung angehörte - und fast die ganze damalige Literatur gehörte dieser Richtung nicht an -, hielt sich für ein verdammtes Opfer oder war überzeugt, dass man ihn unverzüglich, nur weil er Literat war, einsperren werde.`.
An eine Vermittlung der gegnerischen Positionen – wie er das Anfang der 60iger Jahre versucht hatte, dachte Dostojewski selbst nicht mehr. Aber Katkow verlangte administrative Maßnahmen gegen die Nihilisten, was Dostojewski ablehnte. Er kämpfte gegen sie und polemisierte mit der Kraft seiner Worte, weil er sie von der Wahrheit seiner Sache überzeugen wollte. Hier hatte Katkow bei aller ideologischen Verbundenheit seine Einwände.“
Ebenda S. 551 ff


Ab 1866 wurde Dostojewski ständiger Mitarbeiter für den `Russischen Boten`, für den er jahrelang gegen Vorschuss arbeitete.“
Ebenda S. 711

1867 Brief Dostojewskis an Majkow
Dostojewski stellt fest, dass er bei Katkow mit Leistung in der Schuld steht und ihn erst etwas später wieder um Geld angehen will. Dass er wieder welches bekommen wird, steht für ihn außer Zweifel:
„Darauf hoffe ich bestimmt. Er (Katkow) ist gütig und vornehm.“
Hitzer (Hrsg.); Briefe, Piper S. 228

1869 Dostojewski in einem Brief an Strachow über Katkow:
„Offenbar schätzt er mich als Mitarbeiter, und dafür bin ich ihm dankbar.“
Ebenda S. 318

Die vorhergehenden Zitate beziehen sich ausnahmslos auf die Bereitschaft Katkows, Dostojewski relativ großzügig Geld vorzuschießen.
Kaum entspricht Katkow den finanziellen Wünschen Dostojewskis nicht umfassend, so äußert sich Dostojewski in einem Brief an Majkow (28. Oktober 1869) völlig ausfallend und umfänglich gegen Katkow. Ihrer ideologischen Nähe tat dies jedoch keinerlei Abbruch.

1874 in einem Brief an seine Frau stellt er Katkow im Vergleich zu Nekrassow wieder als gönnerhaft dar.

29. Mai 1880
Seltsamer Weise ordnet Dostojewski in einem Brief an seine Frau Katkow wortwörtlich „als keinen Slawophilen“ ein.
Hitzer (Hrsg.); Briefe, Piper  S. 458

Katkow war zu Einweihung des Puschkin-Denkmals durch den Veranstalter bewusst nicht eingeladen. Auf Grund seiner Feindseligkeit gegenüber der russischen Intelligenz wollte man ihn ausschließen. Das bewog Dostojewski zu der ängstlichen Vermutung, dass er ausgeladen werden sollte.
Vgl. Hitzer (Hrsg.); Briefe, Piper, S. 480
Brief vom 19. Mai 1880 Dostojewskis an Pobedonoszew

Katkow gehörte mit Pobedonoszew zu den engsten Beratern Alexander III.

Die enge ideologische Verbundenheit zwischen Katkow und Dostojewski kann so kaum augenscheinlicher werden.

Russki Westnik 1866 in dem Schuld und Sühne veröffentlicht wurde
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Im „Russischen Boten“ verlegte Katkow von Dostojewski „Verbrechen und Strafe“, „Der Idiot“, „Die Dämonen“ und „Die Brüder Karamasow“.
Katkow war gegen eine vollständige Veröffentlichung der „Dämonen“ und lehnte es ab, den als "Die Beichte Stawrogins" bekannten Abschnitt zu veröffentlichen.

So erschienen u. a. auch im "Russischen Boten" Turgenjews Väter und Söhne und Rauch als auch Tolstois Krieg und Frieden und Anna Karenin.